19. September 2017

ten squirrels and one octopus

Die Zeit, als menschliches Konstrukt an sich, nähert sich Ende September und ich bin seit fast sieben Wochen hier. Das Wetter schreit nach Strand, T-Shirt, kurzer Hose, die Schule hat wieder angefangen und ich finde eine Routine im Arbeitsalltag. Freie Zeit verbringe ich mit den anderen au pair Mädels am Strand und bei Starbucks (nur der Gemütlichkeit, nicht der Peppermint Hot Chocolate wegen), in der Bibliothek, die wirklich ganz wunderbar ist, im Fitnessstudio (mal sehen, wie lange die Motivation anhält), oder ich sitze tagesschau guckend am Schreibtisch und zeichne. Oder ich schaue Netflix. Oder ich schlafe noch mal weiter. Oder ich esse. 
Auf jeden Fall lasse ich es mir gut gehen.
Die Arbeit macht Spaß und es ist so schön, eine richtige Aufgabe zu haben, die nichts mit Unterricht, Schule, Lernen zu tun hat. Es ist ein ganz anderes Lernen, jenes, bei dem ich mich selbst kennenlerne, Erfahrungen in aller Ruhe verarbeiten kann und mir mein eigenes Denken näher kommt, sich in der Stille des Volvos ausbreitet und nur mit dem Öffnen des Fensters im Rauschen der vorbeifahrenden Autos hinweggefegt wird. Dann drehe ich das Radio auf und schalte vom immergleichen Popbrei zum Jazzsender. Die Fenster bleiben unten ob der Vermeidung eines weiteren Ausgesetztseins der Klimaanlage.



Die Zeit mit meinen Kindern ist so wunderbar wertvoll, dass ich jeden Tag, den ich hier bin, liebe. Sie sind klug, witzig, neugierig, offen. Sie fragen und entdecken, sind wild und laut und dann wieder still und konzentriert. Sie bringen mich jeden Tag zum Lachen. Ich liebe Skyes (7) Zeichnung von zehn Eichhörnchen und dem Octopus, bekomme Gänsehaut wenn ich Saige (10) beim Eiskunstlauf zusehe (Sie tanzt! Sie fliegt! Es sieht so einfach aus), und singe lauthals mit Pierce (12) im Auto. Wir puzzeln was das Zeug hält (1000 unförmige Teile, die alle gleich aussehen), spielen Baseball, sticken, flechten Haare, malen, spielen Verstecken und Fangen, quatschen ohne Unterlass. Ich bin ihnen peinlich wenn ich im Botanischen Garten genau so herum hüpfe wie sie und solangsam bekomme ich ein Gefühl dafür, wie groß die Essensportionen sein müssten (und verstehe meine Mama, die immer viel zu viel kocht).
Ich fühle mich wohl in dieser Familie, die vor wenigen Monaten noch so fremd war und die mir mit jedem Tag vertrauter wird. Die Kommunikation ist offen, fröhlich, respektvoll, herzlich.

Was nichts daran ändert, dass ich es immer noch nicht ganz realisiert habe.
Meine Freundin Hannah, die Au Pair in Washington D.C. ist, hat dieses Gefühl so beschrieben, als führe man eine Art Doppelleben. Man ist zwar hier aber gleichzeitig auch immer noch viel in Gedanken in der Heimat und bei der Familie.
Ich empfinde es eher als eine Blase, als Zwischenraum, in dem irgendwie gar nichts ist. Genau so ungreifbar wie das Ende der Schulzeit und das bestandene Abitur schwebt man jetzt hier in einer Welt, auf die man so lange gewartet und hingearbeitet hat, die man sich sehnlichst erhofft hat. Jetzt ist es soweit.
Und ich bin hier unglaublich glücklich. Thank God.

 


It's nearly the end of September and I'm here since seven weeks. The weather is perfect for the beach, shortsleeves and shorts , school has begun and I'm finding a routine in workaday life. I spend my free time with the other au pair girls at the beach or at Starbucks, quiet in the library, sweating in the Gym, watching news and Netflix, or I draw. Or I continue sleeping for a little bit. Or I'm eating.
In any case I'm enjoying life.
My work is fun and it is wonderful to have a real task that has nothing to do with class, school, studying. It's a completely different kind of studying now, the one where I get to know myself, make experiences in silence and come closer to my own thinking. 
The time with my children is amazingly invalueable and I love every day I'm here. They are smart, funny, curious, openminded. They ask and experience, are wild and loud and then quiet and concentrated again. They make me laugh every day. I love Skye's (7)  paintings of ten squirrels and the Octopus, get gossebumps when I see Saige (10) Ice Skating (she dances, she flies! It seems to be so easy) and sing full-throated with Pierce (12) in the car. We puzzle, play Baseball, make braids, paint, play hide'n'tag, chitchat the whole night. I embarrass them when we're in the Botanic Garden and I jump around like them, and I slowly even get a feeling for how big the dishes should be (and I understand why my mum always made way too much).

I'm so comfortable in this family which has been strange to me many months ago and now I get to know better every day. The communication is open, happy, full of respect and heart.What doesn't mean that I have realized that I'm here at all. My friend Hannah who's au pair in D.C. described that feeling as a kind of double life: You're here but at the same time you think a lot about your home and family too.
For me it's more kind of a bubble, an empty interstice. It's as unbelievable as the end of school. You've waited for it so long and wanted it to happen so badly that the moment when it actually happens seems not to be real at all. Now we're here. And I'm endlessly happy.


Love, 
Elske


 
 

6. September 2017

Art Institute or Dancing at Navy Pier

Als ich mit Nancy vor dem Eingang des Art Institute of Chicago stehe, denke ich, dass drei Stunden niemals ausreichen werden. Drei Tage würden nicht ausreichen, um all der Kunst und Schönheit dieses Museums gerecht zu werden. Vier Etagen, Werke aus zahlreichen Jahrhunderten und der ganzen Welt. Durchatmen. Wo fangen wir an? Das Labyrinth aus Räumen, Wänden, Treppen und Türen scheint undurchdringbar. Nach asiatischer Kunst, Fotografien, Miniaturräumen, Fotografie, Zeichnungen und Architektur, Rüstungen und Waffen, Textilien, durch Afrika und Buddhistische Skulpturen, europäische Gemälde und dekorative Kunstmöbel gelangen wir zur Zeitgenössischen Kunst. Mich packt, nicht nur wegen des Dämmerlichts in einigen der Räume zuvor und der gefühlten Meilen, die wir bereits zurückgelegt haben, eine tiefe Schwere (schwere Tiefe-?) in diesen großen Hallen.
Dank meiner Eltern und besonders meiner Mutter, die selbst ganz großartige Kunst macht und die mich und meinen Bruder von Beginn an in Museen, Ausstellungen, Finnissagen, Projekträume mitgenommen hat, birgt jeder Museumsbesuch für mich ein Stück Heimat. Ich höre meine Mutter, wie sie mich auf ein besonderes Detail aufmerksam macht und zu jedem Künstler etwas zu wissen scheint, sehe meinen Bruder auf der anderen Seite des Raumes etwas genaustens betrachtend, daneben mein Vater, ein Informationsschild studierend.
Also stehe ich vor Edward Hopper, Gerhard Richter, Roy Lichtenstein, Andy Warhol, On Kawara, Vincent Van Gogh, Pablo Picasso, Claude Monet. Kunstwerke, die man schon so oft auf Fotografien, in Büchern, Filmen, im Kunstunterricht gesehen hat. Dann steht man einfach plötzlich davor.
Und es ist ein bisschen krass, und ein bisschen ganz normal.
So viel Kunst macht die Beine und die Lider schwer, die Füße lechzen nach Luft und kühlem Wasser, der Kopf schwirrt ob der Überforderung der Aufnahme so viel künstlerischen Seins.

This Labor Day I went to Chicago Downtown with Nancy and we visited the Art Instutute, which is overwhelming, gigantic huge and amazing and we where inebriate by all those artworks. Every museum is a piece of home for me because my Mum is an artist and we always went to a lot of museums with me and my brother since we could walk, which was wonderful. Standing in front of masterpieces by Warhol, Hopper, Richter, Lichtenstein, Picasso, Monet etc. was a marvelous feeling.
Afterwards we were tired and exhausted and my feet ached for some cool water to dip in.

 
Trotzdem gehen Nancy und ich um fünf, als das Museum an diesem Labor Day schließt, nicht zurück zum Bahnhof, sondern bis zum Buckingham Fountain um Hummus und Laughing-Cow-Cheese Brote zu essen, und danach am Hafen entlang bis zum Navy Pier, der erst viel unspektakulärer war als wir dachten und sich dann als absolutes Highlight herausgestellt hat, als wir die Live-Band am Ende des Piers hörten. Bella's Bartok beschreibt ihre Musik auf der Website so wunderbar, dass ich keine besseren Worte gefunden habe: The circus punk powerhouse Bella’s Bartok infuses klezmer punk with pop sensibilities into a spectacle that can’t help but compel you dance! Da sitzen also die Touris, trinkend und essend, an ihren Tischen und lauschen der Musik, und ich stehe auf um zu tanzen. So tolle tanzbare Stimmung! Ich muss doch jede Chance nutzen, seit ich nicht mehr zu Hause im Theater und in der Musikschule meine Beine schwingen und meinen Körper fliegen lassen kann! 
Ich trage an diesem Tag das Chicago Cubs Shirt, dass ich von meiner Hostfamily bekommen habe, das Fanshirt des Baseball Clubs des nördlichen Chicagos. Ein unwichtiges Detail, das unerwähnt geblieben wäre, hätte der Sänger der Band das nächste Lied, nachdem ich aufgestanden war, um zu tanzen, nicht den Chicago Cubs gewidmet hätte (love!).

Anyways - after the museum we went to Buckingham Fountain to eat a snack and then forward unti Navy Pier where an awesome Band called Bellas Bartok played. I couldn't help and had to dance, it was a wnderful feeling, full of freedom and happiness! And the Singer dedicated the very next song to the Chicago Cubs, I wonder if it was because I was wearing a Cubs-Shirt. Who knows ;)


Bis zum Bahnhof ist es anschließend ein weiterer Spaziergang von einer Stunde. Der Himmel wird dunkel, die Lichter leuchten und der Fluss zieht silbrig lange Fäden durch das Bild, sodass es zu einem der schönsten Spaziergänge des Tages wird. Zurück im Zug wickle ich mich in die Decke ein, die ich wegen der Klimaanlage eingepackt habe, lege die Füße hoch und sehe nur noch wenige Häuser vorbeiziehen. Der Rest ist mit der untergehenden Sonne verschwunden.

Back to the trainstation we followed the Riverwalk which is even more beautiful when it's dark and all those lights shine like glitter over the water. We were super tired and couldn't walk any more meter but it was so worth it and just a beautiful day! x

Love,
Elske


au pairs make au pair friends

My first au pair meeting is two and a half weeks ago and since then I found a bunch of awesome girls to spend my time with. After work we meet at Starbucks or at the beach, visit Chicago and the library together or just hang out, eat, talk. Yes, I was afraid that there are no girls I'd like or could get along with but, tbh, we're all stuck in the same situation: We are, in some way, alone here and everybody wants to make friends. So it went quick and at this point I got the best I could've wished for. Whenever anyone is free we text and one hour (or two, in case we can't decide what kind of beach we want to visit) later we chat, take 200 photos because Nancys Selfie-Stick doesn't work, sit down, listen to music, eat, enjoy some time together. Yes! A mix out of a french, a mexican, a german, a polish girl and two from Switzerland (and in the future an austrian and a girl from Finland will join us) is just perfect.

Oh and, besides, on one of our tours through the city I found the utimate car I immediatly wanted to buy, but then I remembered rule #1 for au poors: Save Money...

Von Papierbauten und Eierkartons

Die Tage fliegen. Die Realität hat mich immer noch nicht so richtig gepackt, nur hin und wieder in kurzen Momenten, während meine Hände sich am Handtuck trocknen oder meine Füße über Lego-Steine stolpern, durchfährt es mich wie ein kühler Wind: Ich werde ein Jahr hier sein. Ein Jahr! Gute Güte. Wahrscheinlich blicke ich in elf/zwölf Monaten zurück und denke, dass das ein verdammt kurzweiliges Jahr war. Genau wie der letzte Monat bereits. Vielleicht lernen wir nie, die Zeit so einzuschätzen, wie sie wirklich vergeht. Jegliche Zeitangaben sind so oft schneller vergangen, als man es erwartet hat. Dabei ist die Erwartung einfach nur verzerrt? Wer weiß.

Was gibt es neues? Ich komme an, auch wenn es natürlich seine Zeit braucht. Und jeden Tag fallen mir neue Dinge auf, die hier anders sind als daheim.
1.Viele Straßen und Highways sind ordentlich kaputt (außer Tollways- also Mautstraßen) mit Schlaglöchern, in denen alle vier Achsen gleichzeitig brechen könnten, vermutlich ein Grund mehr, warum die Mehrheit diese riesigen Autos fährt: gepanzerte Sicherheit auf Rädern.
2. Während ich es zu Hause geliebt habe, kurz vor Ladenschluss einkaufen zu gehen - wegen der Stille und dem Gefühl, der Supermarkt sei nur für dich geöffnet - habe ich es nach dem ersten Versuch hier bei Target gleich sein gelassen. Das gesamte Angebot ist nicht nur quer über verschiedenste Regale verteilt, sondern auch in den Gängen, die ob der gigantischen Einkaufswagen übrigens dreimal so breit sind wie bei uns. Apropos-
3. Alles ist größer. Alles. Nicht nur die Autos und Einkaufswagen, auch die Eierkartons (16-24 Stück), Milchflaschen (eine Gallone, also etwa 3,8l), Klopapierpackungen (18 Rollen), Oreos (Family Pack, keine gute Idee wenn man sich alleine daran macht. Aber lecker!). Die Fernseher, die Züge, Essensportionen, die Gläser voller Eiswürfel und Wasser, die man hier kostenlos in jedem Restaurant bekommt. Die Straßen sowieso, die sind meist doppelt so breit, und natürlich die Häuser, die alle ein bisschen wie Papierbauten aussehen und meist ziemlich schön und sehr amerikanisch sind, inklusive großen Eingangsportalen und verzierten Verandas
4. Oft fehlt beim Essen die soziale Komponente. Klingt harsch, ganz simpel gesagt geht es aber, meinen bisherigen Obduktionen zufolge, wirklich nur darum, den Magen zu füllen. Es gibt kein traditionelles Beisammensitzen und Austauschen über die Erlebnisse des Tages, keine Diskussionen, kein Reflektieren der vergangenen Woche. Zumindest nicht als Teil des Essens. Solche Gespräche finden dazwischen statt, z.b. während einer der vielen...
5. Autofahrten. Da die Kinder ihren Hobbies drei bis fünfmal pro Woche nachgehen nimmt dies natürlich einen großen Teil ihres Alltags in Anspruch, nicht nur auf die Zeit des Hobbies beschränkt sondern auch auf die Fahrt dorthin und wieder zurück. Während meine Freunde und ich damals meistens alles mit dem Rad erledigten (und was zu weit weg war, war einfach zu weit weg), sitze ich hier manchmal stundenlang im Auto, um meine Kinder umher zu fahren. Ungewohnt, aber eben so üblich. 

Ich könnte noch viel mehr aufzählen. Jeden Tag gibt es etwas neues zu beobachten, jede Woche ist wieder spannend und sammelt sich in unzähligen Gründen, weshalb es so großartig ist, dieses Land nicht nur als Tourist kennenzulernen.