4. Oktober 2017

Cooking for a picky eater... as a picky eater

PICKY EATER, noun.
someone who is picky about food, doesn't want to try new foods, or any food that contains even a small amount of a food they do not like.

Ein Post, von dem ich nie gedacht hätte, ihn jemals zu schreiben.
"Ich habe ein Erbsentrauma", sage ich, sobald ich Erbsen auf dem Mittagstisch entdecke. Die Geschichte dazu ist unterhaltsam und macht sich auch abends auf Parties, mit lebendigen Gesten und dramatischem Ende, immer wieder gut. Dabei ist es eine Ausrede, die ich benutze, um meine Essgewohnheiten annähernd zu rechtfertigen. Fast neunzehn Jahre lang habe ich Brokkoli, Rosen-, Blumen-, Weiß-, Rot-, Grünkohl, Kohlrabi, Tomaten, Bohnen, Sellerie, Spargel, Zucchini, Zwiebeln, Pilze, Kiwi, Kirschen und vieles, vieles mehr angeekelt aus meinem Essen gepult und mich laut darüber ausgelassen, wie man so etwas bloß essen könne. Ich habe statt guter Bratensoße lieber Ketchup auf meinen Teller gequetscht und so lange in der Suppe herumgefischt, bis sie kalt war (weshalb Mama irgendwann nur noch alles püriert hat, damit ich nicht sehe, was drin ist.) Mit der Zeit ist es ein bisschen besser geworden - würde ich behaupten. Anfangs, also, als ich begonnen habe, feste Nahrung zu mir zu nehmen, rührte ich Pizza nicht an wenn mehr als Tomatenmark und Käse darauf war, ich mochte keine Bananen, Marmelade, viele Beeren, Fisch, Oliven, Paprika. Das hat im Laufe der Jahre nachgelassen.

Aber picky eater bleibt picky eater und gesunde Ernährung auf der Strecke.

Welche Situation ich meinen Eltern damit bereitet habe, war mir sehr, sehr lange nicht bewusst. Hätten sie doch einfach jeden Tag Bratkartoffeln und Vollkorn-Gnocchi machen können. Jetzt bin ich Au Pair und meine Jüngste (7) ist ein picky eater - und ich nehme die andere Seite der Angelegenheit ein. Jetzt koche ich, jetzt muss ich dafür sorgen, dass das Kind Essen zu sich nimmt. Und, gute Güte das kann Nerven kosten! Dabei muss man bedenken, dass ich jetzt Sachen koche, die ich selber nie essen wollte, und gleichzeitig eine Siebenjährige davon überzeugen muss, wie leckerlecker (!) das doch ist und sie es weenigstens probieren möge.
Wie oft haben meine Eltern das gesagt. "Habe ich probiert, find ich ekelig!", erwiderte ich dann. Hand aufs Herz: Habe ich nicht. Es sah grün und glitschig aus, irgendwie nach zu viel Pflanze und zu wenig lecker. Ich kann Skyes Blick auf den Teller in jedem Detail nachempfinden, weiß, wie stur man dann im eigenen Kopf ist und denkt, "wenn ich es jetzt probiere, und es lecker ist: was dann??" Irgendwie war das alles viel zu verzwickt, man hatte jahrelang alle Mitmenschen darauf trainiert, dass sie bloß nicht kochen, was man nicht mag, da muss man sich jetzt selbst auch treu bleiben. So in etwa habe ich mir das zumindest gedacht und ich sehe in Skyes Gesicht, dass sie genau dasselbe denkt. Das ist ekelig. Ganz sicher. Muss ich gar nicht erst versuchen, ich kann mir das schon vorstellen!

Ich wasche Pfannen und Töpfe ab und diskutiere mit Skye. Wenigstens den Salat, wenigstens eine Gabel, wenigstens ein bisschen. Ja... na gut, aber dann keinen Nachtisch. Abends sitze ich in der Küche und denke, das ist doch in Wahrheit alles nur eine Entscheidung: Picky Eater.

Und dann esse ich zum ersten Mal seit neunzehn Jahren Rosenkohl.

In der Pfanne angebraten, mit Salz, Pfeffer, ein bisschen Zucker. In meinem Kopf schwirrt ein Gedanke: Dass ich erst einen picky eater versorgen musste, um zu merken, was ich da selbst all die Jahre getan habe. "Stell dich nicht an, Elli, mach hier nicht so ein Theater", höre ich. Ja, denke ich, Theater. Aber die Show war so feste in meiner Vorstellung verankert, dass ich sie da nicht heraus bekommen habe, und ich weiß, dass es vielen picky eatern so geht.
Irgendwie ist das dann einfach so, man mag es nicht. Und es dauert, das abzustellen. Der Automatismus, das Grüne im Gericht wie aus Versehen auf dem Teller liegen zu lassen, ist schwer auszuschalten. Wenn man dann aber anfängt, einfach zu essen, was da liegt, ist es manchmal, ganz plötzlich, in Ordnung.
Bis ich große Liebhaberin guten Kohls bin und Kirschen von Bäumen pflücke und begeistert in mich stopfe, dauert es noch, vielleicht wird das auch nie so sein (weiß man ja alles nicht). Aber wenn es auf dem Teller liegt, und - ganz besonders - wenn sich jemand hingestellt hat und für dich etwas kocht, dann kann man es auch essen. Man wird daran schon nicht zu Grunde gehen.

Und Skye? Ich werde ihr weiterhin alles auf den Teller tun, auch wenn ich weiß, dass sie es nicht mag. Und wenn sie es herauspult, ist das völlig okay. Sie kann es ja wenigstens probieren. Hat sie aber vielleicht auch schon, als ich gerade nicht hingesehen habe.

Love,
Elske